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Ehemalige Kokerei Hassel

Die Kokerei Hassel wurde 1952-1953 in Gelsenkirchen-Hassel auf dem ehemaligen Gelände des Kraftwerk Westerholt an der Marler Straße errichtet.

Als eine Zentralkokerei der Zechen der Hibernia AG wurde die Anlage mit 110 Öfen und einer Benzol- und Ammoniakfabrik errichtet. Am 17. September 1953 wurde der erste Koks gedrückt.
Sie war der erste Kokereineubau in der Bundesrepublik Deutschland und ersetzte zugleich die östlich der Zeche Westerholt gelegene veraltete Vorgängeranlage. Bis 1957 erfolgte eine Erweiterung auf 260 Öfen mit einer Gesamtkapazität von 1,6 Mio. t Koks pro Jahr. Damals hatte die Kokerei 656 Beschäftigte. Produziert wurde Hochofenkoks für die Eisen- und Stahlerzeugung, Gießereikoks, Brechkoks für Kraftwerke, Koksofengas, Teer, Rohbenzol, Ammoniumsulfat, Schwefelsäure u. a. m..

In den großen, auf über 1000 Grad aufgeheizten Batterie-Öfen wurden der Steinkohle die gasförmigen Bestandteile entzogen und weiterverarbeitet. Wenn der so entstandene Koks aus den Öfen herausgepresst und mit Wasser „gelöscht” wurde, färbte sich der Himmel rot, und es stiegen große weiße Wolken auf. Das trug dazu bei, dass Gelsenkirchen sich lange Zeit mit dem Beinamen „Stadt der 1000 Feuer” schmückte.

Foto: Gesamtansicht des Eingangsbereichs, © Jürgen Bergmann

Gesamtansicht des Eingangsbereichs
Links und rechts die Torhäuser, ehemalige Verwaltungs-, Kauen- und Laborgebäude mit dem Wandrelief Prometheus, Fahrradhalle und dem angrenzenden Schlauchturm, die seit dem 28. September 2001 auf der Denkmalliste der Stadt Gelsenkirchen stehen.

Fotos: (li.) Wandrelief Prometheus; (re.) Schlauchturm der Kokerei Hassel

Wiederholt kam es zu grundlegenden Neuerungen und Umbauten, um mit der wirtschaftlich-technischen Entwicklung Schritt zu halten, aber auch um die Umweltbelastungen, die eine Gefahr für die Menschen darstellte und zahlreiche Nachbarschaftskonflikte auslösten, zu reduzieren. So wurde 1992 zum Beispiel eine Entstaubungsanlage in Betrieb genommen.

Dennoch musste 1993 wegen des damaligen Überangebots an Koks einzelne Produktionsbereiche stillgelegt werden. 1999 erfolgte die Schließung der gesamten Anlage. Obwohl die Werksdirektion Kokereien der Ruhrkohle AG zunächst hier verblieb, war der völlige Abbruch der letzten von einstmals mehr als 15 Kokereien in Gelsenkirchen nicht aufzuhalten. Damit verbunden war eine Bodensanierung und eine Neuerschließung für Wohnbebauung und Gewerbebetriebe. Erhalten blieben die Eingangsgebäude, in denen unter anderem die Verwaltung untergebracht war.

Prometheus – Relief aus Natursteinplatten

Fotos: (li.) Mit Blick auf die ehemalige Waschkaue und das Wandrelief Prometheus; (re.) Wandrelief Prometheus, Bauabteilung der Bergwerksgesellschaft Hibernia, © Thomas Robbin

Auf dem Vorbau der ehemaligen Waschkaue der Kokerei Hassel ein in die Fassade eingelassenes Relief aus Natursteinplatten des Bildhauers Robert Propf. Es stellt Prometheus dar, der nach der antikgriechischen Sage den Menschen (verbildlicht durch Mann und Frau) das Feuer und damit die Zivilisation (verbildlicht durch eine Eule) gebracht hat. Das Relief ist unten rechts signiert.

Es ist wegen seines Entstehungsanlasses als Werk für die erste Neugründung einer Kokerei in der Bundesrepublik Deutschland nach 1945 sowie aufgrund seines Themas und dessen künstlerischer, inhaltlicher und formaler Darstellung von großem Interesse. Der klassizistische Stil ist für die Entstehungszeit äußerst aufschlussreich und bekundet die Tradition des Klassizismus.

Kulturpolitisches Interesse verdient die Tatsache, dass der Auftrag für das Relief im Jahr des Aufstandes vom 17. Juni 1953 in Ostberlin, der zu einer Verschärfung des Kalten Krieges führte, von einem westdeutschen Unternehmen an einen ostdeutschen Künstler vergeben wurde.

Quelle: Stadt Gelsenkirchen, Untere Denkmalbehörde